Der Angsthase in mir

Ursprünglich hatte ich vor, einen Eintrag über den Januar zu schreiben. Da der Februar nun aber immer weiter voranschreitet, hole ich das entweder noch nach oder lasse es unauffällig unter den Tisch fallen. Heute möchte ich mir lieber noch kurz Zeit für ein paar andere Gedanken nehmen.

Im Moment bin ich dabei, mich optisch zu verändern. Zumindest glaube ich das. Zumindest hat jemand neulich thematisiert, dass sich mein Kleidungsstil verändert habe. Ein Kind, das ich kenne, begrüßte mich neulich mit den Worten „Du siehst so anders aus! Du bist so schön!“. Und eine Frau, die ich vom Sport kenne und vor ein paar Tagen zufällig beim Bäcker getroffen hatte, fragte mich, ob ich frisch verliebt sei, ich würde so anders aussehen. Dabei kann ich selbst nicht mal ganz genau sagen, was es ist, was jetzt anders ist, aber es ist schön, dass es auch anderen auffällt.

Die Woche selbst war ziemlich fordernd. Auf der Arbeit hatte ich einen Moment, der mich auch Tage später noch etwas verfolgt hatte und ich brauchte ein paar Tage, um mich nicht mehr aufgebracht deswegen zu fühlen. Es gab ansonsten viel zu tun.
Mit meinem letzten Freund habe ich thematisiert, dass wir allmählich einen Schlussstrich ziehen müssen. Letztendlich fällt es schwer, loszulassen und bei dem Gedanken, demnächst auch das bisschen Kontakt zu ihm nicht mehr zu haben, wird mir ganz flau. Idealisierung, mahne ich mich. An den Gefühlen ändert das aber halt auch nix.

Nachdem die Woche mich also ziemlich gefordert hatte, war ich am Freitag mit meiner Energie am Ende und es lag ein Wochenende ohne Pläne vor mir. Ich nutzte den Freitag, um mich auszuruhen. Den Samstag verbrachte ich tagsüber in der Natur an einem Ort, an dem ich mehrmals mit meinem letzten Freund war und der deswegen für mich ganz besonders stark mit ihm verknüpft ist. Ich tat das bewusst. Es ist auch der Ort, an dem wir schon einmal beschlossen hatten, doch noch weiterzumachen. Ich wollte mir beweisen, dass ich auch jetzt noch dort hingehen kann. An manchen Stellen nahm ich mir kurz einen Moment für bestimmte Erinnerungen und nach einiger Zeit ging ich mit einem guten Gefühl nach Hause.
Abends war ich dann mit einer Frau verabredet, die ich gerade erst kennenlerne und mit der ich mich freundschaftlich gut verstehe. Wir sprachen über sehr viele Dinge und gingen dabei thematisch auch sehr in die Tiefe.

Als ich zu Hause war, empfand ich Angst wegen etwas.
In der Therapie spreche ich wenig über Ängste. Manchmal sind es einfach Sorgen, die ich ganz kurz habe. Sorgen, die manchmal im Hintergrund auftauchen und hochkommen und die ich dann gut abwimmeln kann. Das ist vermutlich nichts Ungewöhnliches.
Und dann gibt es da diese Momente, die man wahrscheinlich eher als phobisch bezeichnen kann. Vor und zu Beginn meiner Therapie hatte ich sie noch häufiger. In dem Moment fühle ich mich wie in einem Angststrudel, der mich immer mehr mitreißt. Ich weiß rational ganz genau, was in diesem Moment mit mir passiert, aber es fällt mir in so einem Augenblick schwer, zu unterscheiden, was rational und was irrational ist. Das heißt, ich weiß „Das ist gerade ein phobischer Moment, du reagierst völlig übertrieben und steigerst dich hinein, Flatterherz.“ und gleichzeitig fühlt sich trotz dieses Wissens eine irrationale Sorge so rational an, dass jeder Versuch, es nüchtern und sachlich zu betrachten, mir in dem Augenblick nicht gelingt.
Normalerweise habe ich diese phobischen Situationen eher abends/nachts. Mein Körper fühlt sich dann so wachsam, angespannt und wie unter Strom an, sodass ich dann meist weniger gut schlafen kann, egal, wie müde ich mich gleichzeitig fühle. Am nächsten Tag bin ich meist etwas anfälliger für Ängste, wie jemand, der etwas anfälliger für eine Erkältung ist, wenn das Immunsystem gerade ein wenig schwächelt. Im Alltag schränkt mich das aber normalerweise nicht ein.

Gestern hatte ich so einen phobischen Moment. Ausgelöst wurde er wohl durch meine Gedanken nach dem guten, tiefen Gespräch. Vielleicht war ich auch einfach zusätzlich durch den Stress unter der Woche, die Erinnerungen und Situation meiner Beziehung etwas anfälliger dafür. Da ich das alles in Betracht ziehe, heißt es für mich einfach, dass ich demnächst etwas wachsamer sein werde. Die Angst begann klein, wurde größer und am Ende konnte ich nicht mehr einschlafen und zur Ruhe kommen. Ich versuchte ein paar Seiten zu lesen. Meine Augen brannten aber und mein Kopf gab keine Ruhe. Inzwischen versuche ich mich selbst zu beruhigen. Zu zählen. An nichts mit Belang zu denken. Einige Male tief ein- und ausatmen und mich nur auf meinen Atmen konzentrieren (das hilft mir am besten). Manchmal versuche ich meine Gedanken zu sortieren und mir selbst zu zeigen, dass das gerade eine Überreaktion meines Geistes ist. Das funktioniert aber eher weniger gut. Irgendwann schlief ich dann ein. Heute ging ich dann erst etwas behutsamer mit mir um, merkte aber bald, dass ich so stabil bin wie sonst auch und ich konnte meine Angst als das betrachten, was sie ist: übertrieben und eine Angst.

Letztendlich – und das ist der Grund, warum ich unbedingt darüber schreiben wollte – stellte sich irgendwann heute ein Gefühl von Stolz ein. Ich bin stolz auf mich, weil ich mit diesen phobischen Situationen, die mir viel abverlangen, immer besser umgehen kann. Ich bin stolz auf mich, weil ich heute ziemlich bald wieder ganz stabil und angstunanfällig war. Aber vor allem bin ich stolz auf mich, weil die letzte derartige Situation drei Monate her ist. Drei Monate, in denen mir das, soweit ich weiß, nicht ein einziges Mal passiert ist. Angesichts der Quote, die ich vor der Therapie mal hatte, ist das ein Meilenstein. Alle drei Monate würde letztendlich bedeuten, dass ich es in einem Jahr nur vier Mal habe. Und wenn es bei dieser Quote bleiben sollte, könnte ich letztendlich gut damit leben. Allerdings denke ich, dass es mir auf lange Sicht gelingen wird, dass es irgendwann gar kein Thema mehr sein wird. Und das hat mich unheimlich froh gemacht. Es ist also okay, dass mir das gestern passiert ist. Völlig okay. Ich kann daraus lernen, was mich vielleicht anfälliger dafür macht und wie ich noch besser damit umgehen kann und vor allem zeigt es mir, dass ich auf genau dem richtigen Weg bin und das ist ein wahnsinnig schönes Gefühl.

Ein Kommentar zu „Der Angsthase in mir

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s