Selbstliebe

Das hier ist der versäumte Eintrag der letzten Woche.

Am Wochenende war ich im (Kurz)Urlaub. Ein ganzes Wochenende mit mir allein in einem anderen Bundesland unseres doch ziemlich abwechslungsreichen Landes.
Ich habe mit mir alleine gegessen – in einem Restaurant -, bin alleine durch die Wälder, Täler und über Hügel gewandert, habe die Sonne, das Vogelgezwitscher, die vielen Farben, Eindrücke und das Grillengezirpe genossen und habe insgesamt den ganzen Tag, ein ganzes langes Wochenende lang, mit mir allein verbracht. Ich habe wahnsinnig viele Menschen angesprochen und wurde angesprochen, ohne es bewusst darauf angelegt zu haben. Aber ich kam eben doch mit sehr vielen Menschen spontan ins Gespräch. Ich war abgesehen davon sehr allein, aber keinen einzigen Augenblick lang einsam.
Eher habe ich eine Energie gespürt, die schwer zu beschreiben ist und die vielleicht auch ein wenig seltsam anmuten mag, wenn ich es doch versuche.

Ein paar Mal während des Wochenendes habe ich mich weniger als mich selbst betrachtet sondern eher als eine Art Freundin, große Schwester, Partnerin und ich glaube, ich habe selten so aufrichtig viel Liebe, Verständnis und Nachsicht für mich empfunden wie in diesen Tagen. Keine Selbstverliebheit und keine Selbstabwertung, sondern einfach nur ein tiefehrliches Gefühl von „Du bist wertvoll. Ich bin wertvoll.“. Dadurch habe ich mich die meiste Zeit nicht mal allein gefühlt.

Es gibt so vieles, das mich in den letzten Jahren zum Straucheln und zum Verzweifeln gebracht hat. Oft war das ich. Ängste, die ich als etwas von mir betrachtet habe. Liebesbeziehungen und andere Beziehungen. Äußere Umstände. Arbeit, Druck und Ansprüche. Oft auch das Gefühl, nicht zu genügen und immer nur darum zu kämpfen, irgendwie doch noch halbwegs genug zu sein.
Seit einigen Wochen ist das gefühlt einfach weg. Was so nicht stimmt, weil das ein schleichender Prozess über Monate war, der immer noch im Gange ist. Ich kann mich aber eben nicht daran erinnern, zuvor wirklich so empfunden zu haben und ich bin mir sicher, es wird irgendwann vielleicht auch mal einen Einbruch geben, in dem ich diese Selbstsicherheit nicht so sicher empfinden kann, wie ich es jetzt tue, aber ich denke, das wird die regelbestätigende Ausnahme sein und nicht andersherum.

Ich spüre für mich, bei allem, was ist und was passieren könnte: Ich habe mich. Bei allen Ungewissheiten, die das Leben zu bieten hat, werde ich mich immer auf mich verlassen können und gerade ist da nichts anderes in mir als Versöhnlichkeit mit mir selbst. Wir selbst sind die ausnahmslos einzige Person, die uns ganz sicher unser ganzes Leben lang begleiten wird. Wir sind die Person, mit der wir die meiste Zeit unseres Lebens verbringen werden. Die Person, vor der wir nie wirklich flüchten könnten, selbst wenn man es wollte, und die Person, die immer verlässlich da sein wird.

Wahrscheinlich geht aus meinem Eintrag schon hervor, wie stolz ich gerade auf mich bin. Vor einigen Tagen habe ich einen alten Kontakt zu jemandem wiederbelebt, der mich in den stärksten Phasen der Angststörung erlebt hat und wir schwelgen in Erinnerung und ich merke, wie weit das alles von mir entfernt ist. Es ist ein Teil meiner Vergangenheit, aber kein Teil meines gegenwärtigen Lebens und ich weiß, auch wenn da in ein paar Wochen oder Monaten nochmal einer der seltener gewordenen Angstmomente auf mich warten könnte, werde auch ich da sein, die jetzt stark genug ist, sich da wieder herauszuziehen. Es sind längst keine Spiralen mehr sondern einfach nur ein paar unebenere Stellen und kleine Stolperfallen meines Weges.

Ja, es war ein unglaublich schönes Wochenende. Ich bin mit einem Strahlen durch die Welt gezogen und habe gemerkt, dass ich damit Aufmerksamkeit auf mich ziehe, was eher ein Nebeneffekt war. Und nun bin ich so unheimlich durstig danach, noch mehr davon zu erleben und all die Erfahrungen auszukosten, die da noch vor mir liegen mögen.

Ich glaube, ich bin jetzt soweit, meinen Ex-Freund bald endgültig loszulassen und ihm das auch zu sagen und den Kontakt abzubrechen. Da ist immer noch der Anteil in mir, der das nicht möchte. Es wäre zu einfach, sich wieder ins metaphorische Wartezimmer zu setzen und mich damit einem anderen Menschen unterzuordnen – einem, der das nicht mal wirklich will. Aber der Rest in mir möchte leben und nicht festhalten und da ist dieses Gefühl in mir, das sagt, es wird alles gut, weil ich mich immer noch auf mich verlassen kann.

In der Vergangenheit wollte ich im Anschluss solcher Einträge gerne die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sich das alles irgendwie wieder ändern könnte und es vielleicht nur eine optimistische Phase ist. Aber wisst ihr was? Ist es nicht. Das hier bin ich, mit all meinen Fortschritten und egal, wie viele Umwege dieser Weg hier auch doch noch bereithalten könnte, führt er doch unweigerlich nach vorne.

Das war’s schon für heute mit diesem Eintrag voller Glücksgefühle. Die Geschichten meines ersten Kusses seit dem Ende meiner Beziehung und einer eher abschreckenden Begegnung, die ich gemacht habe, erzähle ich dann in einem der nächsten Einträge. In dieser Woche folgt also noch einer!


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